Kurz eine kleine Bemerkung zum Artikel der/die VeloSolex.

Es gibt da landschaftlich dikalektgeprägte Unterschiede.
Im Saarland heißt es “der Solex” - wahrscheinlich weil es im französischen “le Solex” heißt.
In Nord- und Westdeutschland wird “die Solex” gesagt. Warum? Weiß nicht!
Im Süden und Südwesten habe ich schon “das Solex” gehört. Warum? Vielleicht, weil es das Fahrrad mit Hilfsmotor ist. Oder, weil es das Motorrad heißt.
Also der Artikel wird auch auf dieser Web-Site so genutzt, wie es der Schreiber gewohnt ist.


Keine typische SOLEX Erfindung:


SoleX_1

Image Description

Der Frontmotor und der Reibrollenantrieb.

Man weiß es zwar nicht so ganz genau, aber man mutmaßt, dass der erste Vertreter dieses Konzeptes bereits 1895 die Straßen verunsicherte: Eine René Gillet. Mit größerer Sicherheit kann davon ausgegangen werden, dass die Brüder Michel und Eugène Werner 1897 unter der Bezeichnung "Motocyclette" einen 91 ccm großen Fronttriebler vorstellten, allerdings offensichtlich mit Keilriemenantrieb.
Die Reibrolle wurde erst durch den "Cyclotracteur" als Antriebselement bekannt. Allerdings wurde die Reibrolle durch einen 108 ccm großen 4-Takt Motor in Rotation versetzt. Die Endgeschwindigkeit lag aber etwa bei der einer deutschen SOLEX: 25 km/h!


Der Erfolg einer Idee: SOLEX


Der Nasenwärmer 2001
Technoque SoleX

Solex: Eine Weltfirma

Ab 1923 ging es mit SOLEX nur noch aufwärts. In Berlin, London, Turin und, 1938 sogar in Yokohama wurden Fabriken eröffnet. Es fehlte im Programm der Firma bis jetzt eigentlich nur noch das "Velosolex", obwohl sich die Firmengründer im Prinzip schon seit 1916 mit der Konzeption eines leichten Fahrradhilfsmotors beschäftigen. Ein Patent wurde bereits am 31.12.1917 erteilt! Ein zweites Patent von 1919 wurde sogar für ein komplettes motorisiertes Zweirad erteilt. Da in dieser Zeit aber viele kleine Hilfsmotorenproduzenten vom Markt verschwanden, glaubte Mennesson nicht mehr an einen expandierenden Markt und ließ die Projekte lieber in der Schublade.

Meßgeräte und Vergaserbau
Marcel Mennesson erfand ein äußerst exaktes pneumatisch(!) funktionierendes Mikrometer und Maurice Goudard stürzte sich in die Vergaserfabrikation. Er belieferte so renommierte Hersteller wie Citroen und Hispano-Suiza.

Prototyp SoleX

1941 : Der Prototyp

Offensichtlich war jedoch ein starkes Bedürfnis nach kostengünstiger Volksmotorisierung vorhanden, so dass sich Mennesson entschloss, einen Prototyp des reibrollengetriebenen VéIoSolex zu bauen.
Dieses Modell verfügt bereits über die wesentlichen technischen Merkmale des späteren Serienmodells, also Reibrollenantrieb, einseitig gelagerte Kurbelwelle und schwimmerloser Vergaser mit Kraftstoffpumpe. Allerdings hat dieser Motor noch keine 49 ccm, sondern muss sich mit vergleichsweise bescheidenen 38 ccm zufriedengeben. Der Rahmen ist noch keine Eigenkonstruktion, sondern ein normales "Alcyon"-Herrenfahrrad.

1943 :der "Big-Bloc"

Die Philosophie, dass Hubraum durch nichts zu ersetzen sei, es sei denn durch noch mehr Hubraum, machte sich bald auch Solex zu eigen. Ein neues Gesetz, das den Hubraum für Fahrradhilfsmotoren auf maximal 50 ccm heraufsetzte machte dies, möglich. Das erste Serienmodell profitierte dann allerdings erst 1946 von dieser innovativen Technik: Satte 0,4 PS aus sage und schreibe 45 ccm! Bis auf die Gasregulierung
war das Modell aber nicht sonderlich "bedienerfreundlich".

Zum Abklappen des Motors gab es keinen Hebel, sondern eine Feststellschraube in Höhe der Lichtmaschine und auf die Kupplung wurde großzügig verzichtet. Man stelle sich mal spaßeshalber eine Fahrt mit diesem Gerät durch den dicken Berufsverkehr einer Großstadt vor.... Na ja, damals gab es noch keine Rush-hour und der Landbriefträger oder die Hebamme sind mit diesem Modell bestimmt glücklich geworden! Zumal nun ein eigener "Uni-Sex"-Rahmen verwendet wurde, der es nicht nur vom ordinären Fahrrad unterschied, sondern auch Damen und Herren angemessenen Komfort beim Auf und Absteigen bot.

SoleX Zeichnung

1951 : Der Komfort hält Einzug

Logischerweise mit einer deutlichen Preisanhebung verbunden, gab es ab diesem Baujahr einige Detailverbesserungen, die das Fahren angenehmer und sicherer machen sollten. Dazu gehörten der lang ersehnte einfache Hebelmechanismus zum Motorausrücken, ein Mittelständer (in der Tat musste man vorher das Solex mit dem tieferliegenden Pedal an der Trottoirkante parken, eine Praxis, die der aufmerksame Frankreichurlauber noch heute bei Bistrobesuchenden Fahrradfahrern beobachten kann und ein Kleidungsschutznetz am Hinterrad. Ach ja, fast vergessen : Die Radgröße verringerte sich etwas, dadurch resultierte eine größere Wendigkeit. Da aber immer noch auf eine Kupplung und eine komfortable Gasregelung verzichtet wurde, mussten auch eher gemütliche Zeitgenossen sich an eine "digitale" Fahrweise gewöhnen: entweder volles Rohr oder Bremse!

Der Service

Bekanntlich ist ein Produkt nur so gut wie sein Service.
Das erkannten auch die Solex-Gründer
und beauftragten Gaston Chapelle mit der Organisation eines Servicenetzes, da ja immerhin bereits mehr als Hundert Velosolex täglich produziert wurden!
Im Frühjahr 1951 beginnend wurden 250 "Stationsservice -Vélosolex" eröffnet, bis 1962 waren es bereits fast 1000!. Nicht nur in allen größeren Städten Frankreichs, sondern auch in Algerien, Marokko, Tunesien, Brazzaville, Dakar, Douala, Saint Denis de la Réunion, Pointe-ä-Pitre, Hanoi, Pnom-Penh, Saigon oder Papeete.
Ein Servicenetz, das beinahe die VAG-Organisation neidisch machen könnte!

Mertens Prüfstand

Mertens Prüfstand

 Professionelle Ausstattung

Zum kostengünstigen Arbeiten in diesen Servicestationen gehörte eine Ausstattung mit speziellen Prüfständen zum effektiven Motor einstellen. Dieser Prüfstand besaß ein Motorkühlgebläse, da die alten Modelle ohne Kupplung ja noch nicht über eigene Kühlgebläse verfügten.
Mit dieser technischen Ausrüstung war es möglich, innerhalb eines Vormittags eine komplette Motorrevision und die Inspektion des Rahmens durchzuführen.
Bei dieser Expansion des Unternehmens war es abzusehen, dass die Räumlichkeiten in Courbevoie zu klein wurden. Das Stammwerk wurde Werk "A", zwei weitere, "B" und "C" kamen hinzu. Die Alugießerei Brizon, die sowieso schon die Alugußteile für Solex hergestellt hat, wurde aufgekauft.
Es wurden außerdem Aufträge an andere Firmen vergeben: Kurbelwellen wunden bei "Electro-Forge" in Chartres hergestellt, Pleuel fertigte "Bar-La-Forge" in Bar sur Aube etc....

Waggonweise SOLEX

Der Versand der fertigen Vélosolex zu den Händlern erfolgte Eisenbahnwaggonweise. Jeweils 50 Einheiten gegen Vorauskasse. Die Händler mussten aber so gut wie nie in Vorlage treten, denn diese Solex verkauften sich wie frische Baguettes, meistens schon vorbestellt! Das Beispiel eines Händlers, der im Jahre 1954 4-500 Stück verkaufte ist kein Einzelfall.

Modell 1954

1954: 20 % mehr Leistung

Klingt gut, so prozentmäßig oder? Jedenfalls bekam der Motor etwas mehr Hubraum, nämlich 49 ccm und nunmehr 0,5 PS spendiert, um nicht allzusehr hinter der Konkurrenz bleiben zu müssen. Mit diesem Modell begann auch eine Typenbezeichnung, es hieß nun "Type 330" und wurde in dieser Form bis 1956 gebaut. Das Bild zeigt das Modell “1954”, das ab Okt. 1953 noch mit dem alten Rahmen aber mit dem neuen Motor gebaut wurde.

1956 : Ein neuer Rahmen

Das Baujahr 1956 brachte motormäßig keine Veränderungen, dafür aber einen komplett neuen Rahmen!
Das Modell "660"
Unter dieser Modellbezeichnung wurde das neue Solex vertrieben, dessen Rahmen nun nur noch aus einem Rundrohr bestand, die anderen Komponenten waren aus gepresstem Stahlblech, mit Bolzen verschraubt. Die Attraktivität dieses Modells und die Kraftstoffrationierung durch die Suezkrise verhalfen Solex zu Rekordverkäufen.

1957/58: Typ 1010/1400

Die technische Entwicklung ging rasch weiter, ein neuer Zylinder samt Kolben und ein neuer Auspuff in "S"-Form mit Topf am Schutzblech wurden verbaut. Dazu ein größerer ovaler Luftfilter und ein Gestänge aus Falzblech für das hintere Schutzblech kennzeichnen den Typ "1010" von 1957.
Wieder einmal kleinere Räder, nämlich 550er und dazu bessere Reifendecken gab es dann 1958 beim Typ "1400".

Fünf Fabriken fertigten zusammen 288309 Solex

1959 : Das Modell "1400"

Im Wesentlichen unverändert, nur mit abermals kleineren Rädern wurde erstmals ein Solex mit vierstelliger Typenbezeichnung vorgestellt. Die vierstellige Zahl wurde bis 1988 beibehalten!

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Konkurrenz belebt das Geschäft!

1959 wurde auf dem "Salon de Paris" das "VéloVap" der Firma ABG-VAP vorgestellt, das zwar auch über einen reibrollentreibenden Frontmotor verfügte, darüber hinaus aber mit einer Fliehkraftkupplung ausgestattet war, die dem Fahrer das lästige Wiederantreten an jeder roten Ampel ersparte. Nun war Solex zum Handeln gezwungen, wollten sie nicht ins Hintertreffen geraten.

1700

1960 : Die Kupplung !!

Solex reagierte in der Tat schnell und brachte ein neues Modell mit Kupplung heraus. Der Rahmen blieb vom "1400", der Motor in seinen Grundelementen auch, nur erhielt er eine "Compound-Kupplung?. Um die Symmetrie des Motors zu erhalten wurde der Tank vergrößert, denn das neue Lichtmaschinenrad wurde zum Lüfterrad erweitert und somit breiter. Schließlich musste der Motor nun auch im Leerlauf gekühlt werden!
So entstand das Modell 1700, das ja als revolutionäre Neuerung erstmals in der Velosolex-Geschichte
eine automatische Fliehkraftkupplung (Die sog. "Compound-Kupplung") erhielt. Dieses Bauteil hatte nun zwei im Prinzip gegensätzliche Aufgaben zu erfüllen: Erstens diente sie als zunächst "feste" Verbindung zum Anlassen des Motors. Zweitens sollte sie im Leerlauf Motor und Antrieb trennen. Darüber hinaus sollte sie natürlich jenseits der Leerlaufdrehzahl den Motor wieder "starr" mit der Reibrolle verbinden. Dabei kam folgendes "Wunderwerk" der Technik heraus, das an Simplizität kaum zu übertreffen ist und einen sehr effizienten, Verschleiß armen Betrieb gewährleistet.

Die Compound-Kupplung:

Die Funktion ist aber relativ einfach erklärbar:
Zum Anlassen werden die Kupplungsbeläge durch die mit einer Feder verbundenen Fliehgewichte an die Trommel gedrückt. Das geschieht mit Hilfe der Nocken an den Belagsträgern, im Leerlauf, bei ca. 1500 U/min, gehen die Fliehgewichte etwas auseinander, geben die Nocken frei und die Kupplungsbeläge schleifen in der Trommel. Der Motor dreht sich, aber die Reibrolle ist ausgekuppelt.
Im Fahrbetrieb gehen die Fliehgewichte beim Erhöhen der Drehzahl weiter auseinander, nehmen die Kupplungsbelagträger mit und drücken sie an die Trommel. So entsteht auf einfache Art eine fast feste Verbindung!

Modell 2200

Modell 2200

1961 : Das Modell "2200"

Kaum hatte sich die neue Antriebskonzeption bewährt, kam auch schon ein neues Modell heraus: Das "2200" trug der Tatsache Rechnung, dass sich überall das Transistorradio durchsetzte. Nein, kein Solex mit "Autoradio" etwa, sondern es stand zum ersten Mal eine wirkungsvolle Funkentstörung auf dem Programm!
Dieses Modell unterschied sich vom Vorgänger in der Hauptsache nur durch das geänderte Luftfiltergehäuse, das in seiner jetzigen Ausführung bis zum Produktionsende 1988 beibehalten werden sollte! Dadurch war die Kerze gekapselt und der Motor nun funkentstört.
Der Rahmen und die Gasbetätigung ohne Drehgriff wurden vom "1700" unverändert übernommen.
Power to the Reibroll'!
Weniger "augenscheinlich" war jedoch eine 40%ige Leistungssteigerung, was sich vor allem am Berg positiv bemerkbar machte.
Nachdem der "Col de Cygne", der Schwanenhalsrahmen, bei den Modellen 660 bis 2200 identisch, nunmehr in gut 2,5 Mio Exemplaren gebaut worden war, die Fertigungsanlagen also auch "abgeschrieben" waren, wurde es Zeit, einen neuen, "zeitgemäßeren" Rahmen zu entwickeln.

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